IT Service Management – Vom IT-Shop zum Businesstreiber
Servicekataloge – Die IT Infrastructure Library (ITIL) sieht hierfür eine eigene Disziplin vor und immer mehr IT-Abteilungen begreifen den Mehrwert von Self-Service-Portalen. Welche Vorteile bietet ein Servicekatalog für das IT Service Management, wie hilft er der IT-Abteilung bei der Bearbeitung der täglich anfallenden Aufgaben? Eigentlich hat die IT doch gar keine Zeit, um solche „Nebensächlichkeit“ einzuführen. Oder lohnt ein genauerer Blick auf dieses Feature etwa doch?
Ohne IT geht es nicht
Die IT-Abteilung – für viele ist sie das Mittel zum Zweck. Das sind die Kollegen, die bloß die Computer anschließen, miteinander vernetzen und als Problemlösung immer nur den Computer neu starten. So zumindest das uralte Klischee. Inzwischen haben viele Organisationen erkannt, dass die IT schon lange (oder schon immer) viel mehr ist als das, die Eckpunkte von modernem IT Service Management sind ihnen vertraut. Die IT trägt aktiv dazu bei, Umsatz zu generieren, Geschäftsprozesse einzuhalten und effizient zu gestalten. Ohne IT funktioniert keine Kasse, keine Anzeigetafel, schon lange keine Banktransaktion und in Zukunft auch kein Stromzähler mehr. IT ist überall. Fast jeder Haushalt (in 2016 89,3% in Deutschland laut Statistischem Bundesamt) verfügt über einen Internetanschluss und nutzt WLAN, als sei es selbstverständlich und nie anders gewesen.
IT Service Management kennt viele Formen
Die IT-Abteilungen dieser Welt haben umgedacht und werden heute anders wahrgenommen. Das moderne IT Service Management sieht den Endnutzer und alle anderen Abteilungen als Kunden und stellt ihnen diverse Dienste und Dienstleistungen zur Verfügung. Ob es sich um die interne IT eines kleineren Betriebes handelt, die große IT-Abteilung eines Weltkonzerns oder die ausgelagerte IT, die eine oder mehrere Organisationen betreut spielt hierbei keine Rolle. Der Gedanke des IT Service Management ist überall. Unabhängig davon, ob die Services verrechnet werden oder nicht. IT Service Management soll schnell, effizient, kostengünstig und immer in gleicher Art und Weise erbracht werden. Dabei ist im Grunde alles, was die IT verwaltet oder bereitstellt ein Service. Vom Desktop-Computer über Anmeldeinformationen am Netzwerk, Zugriffsrechten bis hin zum E-Mail-Postfach – IT Service Management kennt viele Formen.
Self-Service-Portale erleichtern die Arbeit
Es liegt nahe, dass in den zunehmend papierlosen Büros für die IT-Service-Bereitstellung niemand mehr Zettel ausfüllen und herumreichen möchte. E-Mail-Kommunikation ist zwar schnell, aber alles andere als effizient und zentral kaum steuer- oder nachvollziehbar. Wer etwas wann genehmigt oder durchgeführt hat, kann nicht nachgehalten werden. Da ist Chaos im IT Service Management vorprogrammiert.
Die Lösung heißt: Self-Service, zu Deutsch: Selbstbedienung. Das Potenzial von Self-Service-Portalen wurde bereits auch außerhalb der IT erkannt. Nicht nur in Kantinen, wo die Gäste sich das Essen selbst zusammenstellen. Auch in Supermärkten findet man immer häufiger Self-Service-Portale in Form von Kassen, an denen die Kunden ihre Ware selbst einscannen und somit die Arbeit der Kassierer übernehmen bzw. diese unterstützen. Die Deutsche Bahn plant sogar die Fahrkartenkontrolle den Fahrgästen mit der Bahn-App selbst zu überlassen. In der IT haben solche Self-Service-Portale viel Potenzial. Ihnen sei Dank können sich die IT-Mitarbeiter auf die wichtigen Dinge konzentrieren.
Der Servicekatalog
Die IT-Service-Bereitstellung muss einfach gestaltet sein. Was bringt eine Auflistung an Services, die der Benutzer nicht versteht und nichts damit anzufangen weiß? Die Antwort: nichts. Es wird nicht akzeptiert und nicht genutzt. Viele Projekte im IT Service Management drehen sich heute daher um die Einführung eines Servicekatalogs. Hierbei handelt es sich um eine Art Webshop der IT-Abteilung, in dem die Benutzer einen oder mehrere der angebotenen Services auswählen und diese so beantragen können. Das ist IT Service Management leichtgemacht.
Da die meisten Anwender aus dem privaten Bereich eine einfache Handhabung gewöhnt sind, sind die Anforderungen an einen solchen Servicekatalog für das IT Service Management aus Anwendersicht u.a. die folgenden:
- Er muss selbsterklärend und ohne Schulung leicht bedienbar sein – so, wie der Anwender es von seinen privaten Einkäufen im Internet kennt
- Die Services müssen verständlich beschrieben sein, sodass auch Anwender ohne fundierte IT-Kenntnisse nicht überfordert sind
- Dabei sollte der Servicekatalog die ITSM-Services ansprechend präsentieren
- Die Services müssen individuelle Formulare beinhalten um während der Bestellung weitere Informationen eingeben zu können
- Eine Suchfunktion und Kategorisierung muss vorhanden sein
- Der Servicekatalog muss von allen Geräten bedienbar und von überall erreichbar sein – sofern das nicht gegen die Sicherheitsrichtlinien spricht
- Der Zugriff und die übermittelten Daten müssen sicher sein
- Es muss möglich sein für andere Service-Empfänger zu bestellen – im Falle von Assistenz/Sekretariat
- Transparenz: Der Anwender sollte den aktuellen Status im Servicekatalog/im Portal einsehen können, ähnlich der Paketverfolgung von Paketdiensten
- Mehrsprachigkeit ist für international agierende Organisationen unabkömmlich
Die Verwaltung des Servicekatalogs
Im Anschluss an die Bestellung wird ein definierter ITSM Arbeitsablauf, ein Workflow, gestartet. Eine moderne Lösung für das IT Service Management sollte einen grafischen Workflow-Editor bieten, in dem die Workflows einfach wie in einem Programmablaufdiagramm (Microsoft Visio) per Drag and Drop zusammengestellt werden können, ohne eine einzige Zeile Programmcode schreiben zu müssen. Typische Workflows am Anfang eines Projektes im Servicekatalog (Einführung) erstellen ein oder mehrere, auch parallele, Aufgaben und weisen diese den korrekten Teams zur Abarbeitung zu. Abhängig vom Status der Aufgaben fährt der Workflow zur richtigen Zeit wie vorgegeben fort. Allein das führt zur besseren Einhaltung von Geschäftsprozessen und erhöht die Qualität der bereitgestellten Services. Des Weiteren wird so digital dokumentiert, wer das Projekt genehmigt hat und wer verantwortlich ist. Doch die Möglichkeiten sind weitaus höher.
Automatisierte IT-Service-Bereitstellung
In weiteren Schritten solcher ITSM-Projekte wird typischerweise automatisiert und somit auch Geschwindigkeit gewonnen. Als erstes die am häufigsten bestellten Services, so werden "Quick Wins" erreicht. Die Automatisierung des IT Service Managements reicht hier von der Ausführung von Programmen oder Skripten, die im Netzwerk oder an bestimmten Servern Änderungen durchführen, über die automatische Bestellung von Hardware bei Drittanbietern inklusive Lagerverwaltung, bis hin zur vollautomatischen Softwareinstallation auf dem Computer des Anwenders. Idealerweise bietet die ITSM-Lösung hier bereits vorgefertigte Schnittstellen für andere Programme und Lösungen, sodass diese nicht erst im Einführungsprojekt erarbeitet werden müssen. Auf diese Weise ist nahezu alles automatisiert und der manuelle Aufwand kann minimiert werden.
Die allgemeinen Anforderungen an die ITSM-Lösungen aus IT-Sicht sind üblicherweise:
- Das Erstellen von Serviceangeboten im Servicekatalog muss einfach und dabei für Workflows als auch für Service-Formulare ohne Programmierkenntnisse möglich sein
- Da in den allermeisten Fällen durch eine Bereitstellung von Services Kosten generiert werden, müssen ein- und mehrstufige Genehmigungsprozesse konfiguriert werden können
- Eine solche Genehmigung muss von den entsprechenden Personen einfach und über mehrere Wege erteilt werden können
- Der Bereitstellungsprozess muss flexibel gestaltbar sein. Angefangen von einfachen Aufgaben mit Zuweisung an entsprechende Teams, bis hin zur Integration in andere Systeme und das automatische Ausführen von Skripten, Softwareverteilungsaufgaben, API- oder Webservice-Aufrufen und weiterer Integration in Drittsysteme
- Services müssen Zielgruppenorientiert definiert werden können
- Preise müssen ausgewiesen werden können
Servicekatalog nur für die IT?
In den letzten Jahren zeichnet sich ein weiterer Trend ab. IT Service Management reicht nicht mehr aus. Oder besser: Service Management kann mehr als nur IT. Unter Enterprise Service Management (ESM) versteht man die Bereitstellung von Serviceangeboten im Servicekatalog, die über die Dienstleistungen der IT hinausgehen.
Klassische Beispiele hierbei sind:
- Personalwesen-Prozesse wie Mitarbeitereintritt und -austritt, Neudeutsch: Onboading und Offboarding. Mussten früher noch Zettel ausgefüllt und herumgereicht werden, so bieten Servicekataloge heute die Möglichkeit, alle Prozessschritte digital abzubilden und zu automatisieren. Beim Onboarding ist das Ziel, der neuen Mitarbeiterin oder dem neuen Mitarbeiter vom ersten Tag an alle benötigten Zugriffe, Programme, Konten und Hardwarekomponenten zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt ist es beim Offboarding wichtig alle Zugriffe und Konten zu sperren. In einer sich ständig verändernden IT-Landschaft müssen die Prozesse hierfür stetig überprüft und aktualisiert werden. Aber auch Urlaubsanträge und Visitenkartenbestellungen sind typische Beispiele.
- Gebäude-Services wie Büro-Umzug oder die Reparatur von Non-IT Equipment wie Aufzügen, Beleuchtung, Heizung oder Möbel.
- Allgemeine Services wie die Abwicklung von Reisebuchungen, Mietwagen und Hotels für Außendienstmitarbeiter.
Neue Möglichkeiten: Cloud-basiertes Service Management (CSM)
Die Möglichkeiten und die Integrationsfähigkeit sind hier grenzenlos – die richtige ITSM-Lösung vorausgesetzt. Diese sollte von Beginn an skalierbar und mit angemessener Verfügbarkeit geplant werden. SaaS Lösungen – Cloud – ist in vielen Ländern ganz klar kein bloßer Hype mehr, sondern eine etablierte Form der ITSM-Bereitstellung. SaaS-Kunden müssen sich nicht mehr um Hardwarewartung, Backups oder Netzwerk-Anforderungen kümmern. Die Beste Lösung ist hierbei eine, die sowohl Cloud als auch lokale Installation (On-Premise) erlaubt und einen Wechsel jederzeit möglich macht. So bleibt der Kunde maximal flexibel und kann auf eventuell geänderte gesetzliche oder organisatorische Anforderungen reagieren.
Servicekataloge können mehr
Im Kontext von ITSM sind Servicekataloge mehr als nur eine Ansammlung der bereitgestellten Services. Sie helfen Geschäftsprozesse effizient und konsequent durchzuführen und integrieren viele andere Systeme, wobei ein hoher Grad an Automatisierung erreicht werden kann. Dies gibt der IT die Möglichkeit, sich auf wichtige Dinge zu konzentrieren und neue Services bereitzustellen oder vorhandene zu optimieren. Bei der kontinuierlichen Optimierung helfen Berichte und Dashboards, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Nicht zu vergessen sei, dass für eine ISO 9001 Zertifizierung die Geschäftsprozesse und Abläufe verstanden und effizient umgesetzt sein müssen. Dies ist ohne eine ITSM Lösung praktisch nicht umsetzbar.
Der Trend zeigt eine immer höhere Akzeptanz von Self-Service Portalen und die höhere Qualität der Leistungserbringung hilft dem Ansehen der IT, die immer mehr als echter Dienstleister wahrgenommen wird.